Das Gelbe vom Ei - Ernährung neu denken mit Niklas Oppenrieder

Was wäre, wenn Ernährung nicht nur als Lifestyle-Thema wahrgenommen würde, sondern als essenzieller Bestandteil der Medizin? Im in dieser Folge des Podcasts “Heilewelt” spricht Madeleine Sitten mit Niklas Oppenrieder, Mitgründer der Physicians Association for Nutrition (PAN), darüber, wie Ernährungspolitik Leben retten kann. Sie diskutieren, wie PAN ungesunde Trends entlarvt, politisch Einfluss nimmt und Krankenhäuser, Schulen sowie Arbeitgeber dabei unterstützt, gesündere und nachhaltigere Ernährung umzusetzen.

(Intromusik im Hintergrund)

 

Madeleine: Hi und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Heilewelt, dem Podcast über positive Zukunftsvisionen in der Medizin. Ich bin Madeleine, Ärztin, und spreche hier mit den Menschen, die die Medizin nicht nur verbessern möchten, sondern das bereits tun. In unseren Gesprächen tauchen wir ein in die Welt medizinischer Vorreiter:innen und hören, für welche Visionen sie brennen.

Stellt euch eine Welt vor, in der das Krankenhausessen tatsächlich schmeckt und die Gesundheit fördert, in der es „Gelbe Verbote“ gibt für ungesunde Nahrungsmittel für Kinder oder in der medizinisches Personal ausgebildet wird über Ernährung. Dafür setzt sich Niklas Oppenrieder ein. Er hat die ‚Physicians Association for Nutrition‘ mitgegründet -kurz PAN - ist eine international arbeitende NGO, die ernährungsbedingte Todesfälle reduzieren möchte und auch das Thema Ernährung in der Medizin global besser verankern möchte. Ich spreche mit ihm in unserem super spannenden Interview darüber, wie PAN in der Ernährungspolitik mitmischt, wie wir an glaubwürdige Informationen über Ernährung gelangen, ohne Gefahr zu laufen, auf den nächsten Mythos oder Trend hereinzufallen und wie PAN ganz konkret auf Arbeitgeber, auf Kitas, Schulen oder eben im Krankenhaus Einfluss nimmt auf das angebotene Essen, um das gesünder und nachhaltiger zu gestalten. Ich gehe gerade sehr inspiriert aus diesem Gespräch raus, denn Niklas hat so eine ganz bodenständige und motivierende Art und Weise zu sprechen, ohne die Dinge unnötig kompliziert zu machen.

Und ich glaube, genau das brauchen wir auch beim Thema Ernährung. Ich fand besonders schön zu hören, wie schnell PAN Einfluss nehmen konnte politisch und wie Niklas erzählt, wie einfach es dann doch ist, dass ihnen Türen geöffnet werden und dass das letztlich jede und jeder von uns auch selber tun kann.

 

 Ja, ein ganz herzliches Willkommen im Heilewelt Podcast. Hi Niklas, schön, dass du heute dabei bist.

 

Niklas: Hi Madeleine, ganz herzlichen Dank für die Einladung, ich freue mich dabei zu sein.

 

Madeleine: Super gerne. Wir fangen unseren Podcast immer mit so einer Einstiegsfrage an, nämlich wie dein Tag bisher heute war und ob du schon was Schönes oder vielleicht auch Herausforderndes erlebt hast.

 

Niklas: Oh, viel Schönes. Ich bin ja Papa, deswegen fängt der Tag früh an. Und wir nehmen ja noch in der Vorweihnachtszeit auf. Das heißt, hier ist morgens auch Weihnachts- und Wichtelmagie und Scherze und so. Und dann bringe ich meine Kleine zum Kindergarten, schönerweise in Laufweite, also direkt frische Luft morgens. Das ist gut und dann starte ich meinen Tag am Schreibtisch.

 

Madeleine: Mhm. Okay, lass uns mal zu Pan starten. Ich habe ja im Intro schon ein paar Worte gesagt. Kannst du uns nochmal in deinen Worten PAN besser vorstellen? Wer seid ihr? Was macht ihr? Wo wollt ihr hin?[IB1] 

 

Von Deutschland bis Südafrika: Die Organisation PAN

 

Niklas: Sehr gerne. Wir sind eine ärztlich geleitete Gesundheitsorganisation, die aber für alle Gesundheitsfachkräfte offen ist. Unsere zwei großen Ziele sind einmal Ernährung ins Gesundheitswesen reinzubringen, das heißt vor allem medizinische Ausbildung, medizinische Praxis, aber auch grundsätzlich in bestimmte Strukturen des Gesundheitswesens. Und das zweite große Ziel ist, als eine professionelle Stimme aus der Medizin, aus der Gesundheit, Ernährungsumgebungen und Ernährungspolitik mitzugestalten. Das sind die zwei ganz großen Räder, an denen wir drehen wollen.

Und wir machen das in verschiedenen Ländern auf der Welt. Also ‚PAN International‘ ist eine internationale Organisation. Wir haben aber jetzt schönerweise vor kurzem, auch wenn wir als ‚PAN International‘ schon in Deutschland saßen, haben wir jetzt vor kurzem nochmal ‚PAN DACH‘ gegründet, wo wir ganz speziell nochmal mehr Kapazitäten einfach haben, um im deutschsprachigen Raum unsere Arbeit zu tun.

 

Madeleine: In welchen anderen Ländern gibt es euch?

 

Niklas: Oh, ganz wild verteilt. Wir sind in den USA, wir haben sehr früh, damals nach unserer Gründung, schon eine Dependance in Israel gründen können. Wir haben ein kleines Team in Brasilien, ein kleines Team in Indien, in Südafrika. In Europa sind wir noch, in den Niederlanden und in Tschechien. Und das wächst auch so langsam weiter.

Wir sind schön global aufgestellt. Das finde ich sehr gut. Aber die Teamstärke und die Aktivitäten in den Ländern variiert schon recht deutlich.

In manchen Ländern sind es auch erstmal noch nur sozusagen ehrenamtlich geleitete Organisationen. Und in anderen Ländern gibt es eben feststehende Teams.

 

Madeleine: Das klingt eigentlich nach einer riesigen Organisation und Hunderten von Menschen, aber ich glaube, das ist es gar nicht?

 

Niklas: (lacht) Nee, das wäre natürlich schön, wenn wir da irgendwann die nächsten Jahre hinkommen. Nein, wir sind aktuell, glaube ich, weltweit so um die 35 Festangestellte. Also wir sind echt noch eine kleine Organisation. Wir haben uns aber entschieden, schon ganz von Anfang an das global aufsetzen zu wollen.

 

Madeleine: Ja, das ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt, auch von Anfang an. Ich kann mir vorstellen, dass die Zusammenarbeit sehr spannend ist, aber natürlich auch in den unterschiedlichen Ländern ganz unterschiedlich, weil gerade das Thema Ernährung ja auch sehr viel mit Kultur zusammenhängt und es in jedem Land gibt es eine andere Politik gibt und andere Gegebenheiten, wie man da so drauf Einfluss nehmen kann. Kannst du nochmal für uns genauer beschreiben, wie ihr versucht, Ernährungswissen an Menschen zu bringen, in Krankenhäuser zu bringen und wie ihr auch versucht, das Gesundheitssystem in Bezug auf Ernährung zu verändern? Lass uns mal im deutschsprachigen Raum damit bleiben[IB2] .

 

Drei Säulen der Veränderung: So verändert PAN Ernährungsumgebungen

 

Niklas: Ja, auf jeden Fall. Sonst wird es glaube ich, zu breit. Also das sind sozusagen die drei Bereiche, in denen wir arbeiten. Das eine ist sozusagen das Thema Weiterbildung und Community-Netzwerkbildung innerhalb der Gesundheitsfachkräfte. Das zweite ist eben ganz konkret bestimmte Ernährungsumgebungen zu verändern, zum Beispiel im Krankenhaus, hast du gerade angesprochen. Und das dritte Level ist dann sozusagen das politische, gesellschaftliche: wie können wir noch weitere Ernährungsumgebungen, die jetzt nicht so ganz nah an uns liegen wie zum Beispiel Krankenhausernährung, wie können wir auch auf die Einfluss nehmen? Zum Ersten, also weiterbildungstechnisch gibt es bei uns verschiedenste Formate. Wir haben eine Online-Plattform für Mitglieder, die eben ganz verschiedene Formate anbietet. Wir haben regelmäßige Webinarreihen. Wir werden jetzt auch im nächsten Jahr wieder mehr persönliche Events haben. Für 2026 ist eine große Konferenz geplant.

Wir haben aktuell einige Gruppen von Medizinstudierenden, die sich lokal treffen, wollen jetzt auch im deutschsprachigen Bereich noch stärker diesen direkten Austausch auch mit nicht nur Medizinstudierenden, sondern eben allen anderen Gesundheitsfachkräften auch stärken. Also da passiert ganz viel. Auf dem Bereich Ernährungsumgebungen haben wir vor einem Jahr ein Projekt gestartet, das nennt sich ‚Healthy Hospital Food‘.

Da bieten wir einfach Hands-on Begleitung für Krankenhäuser an, um mit denen zusammen die Ernährung in Krankenhäusern gesünder und nachhaltiger zu machen. Das heißt, das ist für die Krankenhäuser kostenfrei. Also klar, die investieren auch sozusagen ihre Kapazitäten, da müssen sich Leute mit beschäftigen, aber das kostet kein Geld. Und wir kommen da mit Rezepten, mit Küchentrainings. Wir tauschen uns aus, wie das intern im Haus, aber vielleicht auch ein bisschen breiter regional kommuniziert werden kann.

Und genau, wir verbessern so die Krankenhausverpflegung. Das war jetzt das Pilotprojekt im letzten Jahr. Da haben vier Krankenhäuser mitgemacht.

Und wir hoffen sehr, dass wir jetzt Anfang des Jahres auch wieder die Finanzierung kriegen, um das Projekt weiterzuführen und auszuweiten. Weil man auf jeden Fall merkt, dass wir mit unserem Projekt und schönerweise auch ein paar andere Organisationen, die sich jetzt diesem Thema angenommen haben, da auf jeden Fall Momentum gerade schaffen. Also Krankenhausernährung hat den ersten Schritt getan, um da in den nächsten Jahren deutlich besser zu werden.

Und wenn ich den letzten Bereich noch anspreche, dann im deutschsprachigen Raum, dann ist das zum Beispiel so etwas wie eine Mitwirkung bei der letzten Ernährungsstrategie der Bundesregierung, eine Mitwirkung bei den Prozessen rund um die Gestaltung der neuen Ernährungsleitlinien. Wir haben auch aktuell ein wunderbares Projekt mit Supermärkten. Das finde ich extrem gut, da arbeiten wir mit verschiedenen anderen NGOs zusammen, um eben Supermärkte als wirklich ja wichtigste Ernährungsumgebung sozusagen dazu zu bringen, in dem Projekt jetzt erstmal nachhaltigere Ernährung anzubieten. Oder es Kunden und Kundinnen einfacher zu machen, nachhaltige Lebensmittel zu kaufen.

 

Madeleine: Ja, super, super spannende Punkte. Und ich habe zu allen Nachfragen, aber da kommen wir so im Laufe des Podcasts, glaube ich, gut drauf zu sprechen. Bei mir auf Arbeit lag gestern passenderweise ausgedruckt ein Artikel mit einer sehr reißerischen Schlagzeile. Da standen 50.000 Tote durch schlechtes Krankenhausessen in Deutschland.

 

Das ist eine krasse Zahl und war natürlich auch total angefixt direkt von der Schlagzeile und wollte wissen, wie diese Zahl überhaupt zustande kommt und was da für Methodik dahinter steht. Und es wurden ganz gute Studien eigentlich beschrieben, die auf den ersten Blick, ohne dass ich da jetzt tiefer reingeschaut habe, ganz verlässlich klangen. Das ist ja Wahnsinn, durch schlechtes Krankenhausessen oder generell durch schlechte Ernährungsgewohnheiten oder Bedingungen so viele vermeidbare Tote zu haben.

Was würdest du denken, warum wird dieses Thema Ernährung gerade in der Medizin weiterhin so stiefmütterlich behandelt[IB3] ?

 

Mit 6 Euro pro Tag zu gesund essen?

 

Niklas: Uff, große Frage. Also grundsätzlich geht es ja bei den Todesfällen oder auch Erkrankungsfällen, die mit Ernährung im Krankenhaus zu tun haben, vor allem um Mangelernährung oder dann fehlende Ernährungstherapie. Also da reden wir jetzt noch nicht davon, wenn jetzt Menschen im Krankenhaus drei, vier, fünf Tage sind und ansonsten -zum Beispiel nicht mangelernährt sind und einfach jetzt nicht so toll ernährt werden - dann werden die davon natürlich nicht wahnsinnig krank.

Aber man vergibt natürlich diese Chance, da gesunde und nachhaltige Ernährung anzubieten. Und das Problem oder ein weiteres Problem ist eben die nicht-vorhandene Ernährungstherapie in den meisten Krankenhäusern, das fehlende Screening auf Mangelernährung. Und dann hat eine manifeste Mangelernährung natürlich Auswirkungen auf ganz viele Erkrankungen oder verschlechtert Therapieerfolge und so weiter.

Und daher kommt diese Zahl. Und das ist natürlich, würde ich fast sagen, nochmal ein größerer Brocken als einfach nur unter Anführungszeichen „gute Ernährung im Krankenhaus“. Das eine regele ich über die Küche, dass einfach grundsätzlich eine gute Versorgung da ist.

Und für das andere brauche ich ja wirklich Änderungen auf mehreren Ebenen. Also ich brauche dieses Screening, wenn ich Patient:innen aufnehme, für Mangelernährung. Ich brauche eine Ernährungstherapie. Ich brauche eine Küche, die eben auch darin geschult ist, für mangelernährte Patient:innen was anzubieten und so weiter. Aber jetzt komme ich zu deiner eigentlichen Frage, warum das noch so unterrepräsentiert ist. Ich kann da tatsächlich auch nur mutmaßen.

Ich denke, dass eine Sache natürlich die ist, dass wir grundsätzlich in der Medizin diese eher als präventiv angesehenen Themen wie Ernährung, dass die in Deutschland natürlich vollkommen unterrepräsentiert sind, wie insgesamt Public Health. Public Health ist bei uns irgendwie so ein Nischenfach, obwohl eigentlich müssten wir als Gesundheitsfachkräfte natürlich alle „Public Health Change Agents“ sein und können das auch total hervorragend sein. Aber das aktuelle System ist nicht so aufgesetzt. Das heißt, es ist alles sehr therapiefokussiert. Da hat Ernährung lange, lange, lange keine Rolle gespielt. Dann denke ich, ist Ernährung in Krankenhäusern natürlich auch immer noch ein Kostenpunkt, an dem man sehr gut sparen kann und wo man sich lange darauf ausruhen konnte, dass man sagt, na ja, die mittlere Verweilung ist irgendwie drei, fünf, sieben Tage oder sowas.

Da wird jetzt keiner gesund oder krank von diesem Essen. Damit hat man es sich natürlich sehr leicht gemacht. Und jetzt erst in den letzten Jahren – und wir wissen ja, wie lange es grundsätzlich dauert, bis Wissenschaft in wirkliche Änderungen im medizinischen System umgesetzt wird – gab es solide Daten dazu, wie problematisch Mangelernährung grundsätzlich ist - auch bei uns sozusagen - weil man Mangelernährung ja ganz klassisch in der Gesellschaft eher mit Bevölkerung im globalen Süden oder sowas verbindet.

 

Das heißt, das muss da erst mal ankommen. Und dann muss da eben ankommen, dass diese Mangelernährung insbesondere im Gesundheitswesen und im Krankenhaus eben eine sehr, sehr große Rolle spielt, ohne dass sie bisher in irgendeiner Form in diesem Kontext sozusagen mitgedacht wurde. Ich glaube, das sind die Erklärungen.

Und ich bin auch da ganz guter Hoffnung, ich finde es schon, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Wie gesagt, es ist traurig, dass das immer so langsam ist. Gleichzeitig ist es so, mehr und mehr Organisationen machen sich dafür stark.

Mehr und mehr politische Debatte findet dazu statt, sodass ich auch da denke, dass wir in den nächsten Jahren eine Änderung sehen. Es gibt auch schon Änderungen. Es gibt jetzt die Möglichkeit für Krankenhäuser, entsprechende Verträge mit Krankenkassen zu schließen, um Mangelernährungsprogramme sozusagen aufzusetzen.

 

Madeleine: Spannend. Das wäre jetzt nämlich genau meine Anschlussfrage gewesen, denn ich fand, das bezieht sich jetzt wirklich nur auf diesen Artikel, den ich passenderweise gestern erst gelesen habe. Da stand drin, dass für eine Standard-Mahlzeit im Standard-Krankenhaus sechs Euro pro Patient:in pro Mahlzeit veranschlagt werden.

Und dass selbst im Bürgergeld, und es berechnet wird, wie viel Bürgergeld sollte man vergeben, dass da 6, 50 Euro oder ,42 oder sowas veranschlagt werden. Und selbst da wird ja kritisiert, dass das eigentlich viel zu wenig ist, um sich gut und vielleicht sogar auch gesund ernähren zu können. Und dann hast du mir vorher erzählt, dass ihr auf Krankenhäuser Einfluss nehmen könnt oder dass sich da schon einige gefunden haben, die an eurem Programm teilnehmen, wo ihr mehr über nachhaltige und gesunde Ernährung sprecht.

Was habt ihr da für Möglichkeiten, an diesem wirtschaftlichen Faktor zu drehen und sie zu überzeugen? Ich denke, an sich auf einer logischen Ebene wird da ja jeder zustimmen, dass Ernährung super wichtig ist und dass man auch eine Verantwortung hat als Krankenhaus. Aber dann ist man manchmal doch an wirtschaftliche Faktoren gebunden und damit gefesselt. Jetzt hast du gerade schon eine Sache angesprochen über die Krankenkassen.

Was habt ihr da für Möglichkeiten, diesen Fesseln zu entgehen?

 

Niklas: Tatsächlich ist es so, dass die Summe, die du genannt hast, nicht für eine Mahlzeit pro Patient zur Verfügung steht, sondern pro Tag pro Patient –

 

Madeleine: Ach, pro Tag. Oh Gott, das ist ja noch viel schlimmer.

 

Niklas: Ja und ne, das sind drei Mahlzeiten. Das ist wirklich absurd, wenn man sich das vorstellt. Man kann sich nicht vorstellen, wie man das zum Beispiel in seinem privaten Leben umsetzen sollte.

Aber so ist es. Da gibt es wieder diese zwei verschiedenen Punkte. Wenn wir sagen, wir wollen die grundlegende Krankenhausverpflegung gesünder und nachhaltiger machen.

Ich mache mal hier kurz einen Einschub, weil wir so ganz klar über gesund und nachhaltig sprechen. Ganz kurz zur Erklärung: Wir tun das, und das war auch einer der zentralen Gründe für die Gründung von PAN, weil wir Ernährung und Gesundheit möglichst umfassend denken wollen. Und das glaube ich auch tun. Da spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle. Wir wissen, Nachhaltigkeit, also letztendlich die negativen Auswirkungen, Klimakrise, Biodiversitätskrise usw., sind im Kern eine Gesundheitskrise.

 

Also laut WHO die größte Gesundheitsbedrohung dieses Jahrhunderts. Das heißt, wir müssen das in unserer ärztlichen Tätigkeit oder Tätigkeit als Gesundheitsfachkräfte mitdenken. Und deswegen denken wir das so zusammen. Und deswegen sage ich das auch immer so zusammen, wenn es um Ernährung geht.

Aber zurück zum Thema. Wenn wir sozusagen diese Grundversorgung in Krankenhäusern verbessern wollen, dann wäre das natürlich fantastisch, wenn wir mehr Budget hätten.

Und darauf arbeiten wir auch hin, kann ich gleich was dazu sagen. Gleichzeitig ist es so, dass wir auch im Rahmen dieses bestehenden Budgets deutlich gesündere und nachhaltigere Verpflegung schon leisten können.

 

Madeleine: Oh, echt? Okay.

 

Niklas: Ich würde sagen, wir fahren also zweigleisig. Wir machen jetzt, was in diesem Rahmen möglich ist. Und wir sorgen dafür, dass dieser Rahmen verbessert wird.

Hintergrund ist, dass ich zum Beispiel, wenn ich Richtung Nachhaltigkeit denke, dann gucke ich, ob ich Lebensmittelverschwendung eindämmen kann. Also Foodwaste in Krankenhäusern reduzieren. Das funktioniert und das spart mir Geld.

Zweiter Hintergrund ist, wenn ich nachhaltiger werden will und auch, je nachdem, was ich da genau reduziere, gesünder, dann ist es eine gute Idee, tierische Produkte, insbesondere Fleisch, insbesondere verarbeitetes Fleisch zu reduzieren. Das sind teure Lebensmittel. Da kann ich Geld sparen.

Und dann kann ich, wenn ich mir überlege, was sind klassisch gesunde Lebensmittel? Das sind eigentlich Grundnahrungsmittel, vollwertige Grundnahrungsmittel, Gemüse, Obst und so weiter. Das ist nicht so teuer. Das kriege ich sozusagen innerhalb dieses Budgets umgesetzt.

Manchmal sogar mit weiteren Einsparungen, sodass ich dann, letzter Punkt dazu, vielleicht sogar überlegen kann, ob ich mir das eine oder andere Bio-Lebensmittel in Bezug auf Nachhaltigkeit leisten kann. Also das funktioniert. Das zweite Paket, das wir gerade gesprochen haben, diese wirklich Ernährungstherapie im Krankenhaus, die Rücksicht, die Therapie von Mangelernährung, die funktioniert natürlich nicht in so einem Budgetrahmen.

Also da müssen größere Stellschrauben verändert werden im System, in der Finanzierung. Da ist jetzt aktuell der erste Schritt, da stecke ich tatsächlich auch nicht so ganz tief drin, aber soweit ich das verstehe, ist der erste Schritt eben, dass es jetzt gesonderte Verträge mit Krankenkassen gibt, die Krankenhäuser eingehen können. Und dann im Rahmen von, ja, letztendlich Pilotprojekten, weil bisher machen das nur eine Handvoll Krankenhäuser sozusagen- schauen kann, wie funktioniert das? Wie kann ich das implementieren? Was braucht es dafür? Und was kostet das am Ende dann tatsächlich, wenn ich es umgesetzt habe? Inwiefern das dann langfristig finanziert wird innerhalb des Gesundheitswesens, dafür gibt es aktuell noch keine Lösung.

 

Madeleine: Okay, super spannend. Also vielleicht muss ich mal teilnehmen in so einer Schulung oder in so einem Programm. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, vor allem auch noch mal mit dem Wissen, dass das sechs Euro am Tag sind, dass man da vielleicht sogar so viel einsparen kann, um noch Bio-Lebensmittel einzubauen.

Aber ja, total spannend.

 

Niklas: Ein kurzes Shoutout an der Stelle an die Küchenteams in Krankenhäusern. Also ich durfte das ja auch erst sozusagen im Rahmen dieses Pilotprojekts erfahren und finde es total genial, mit diesen Leuten im Austausch zu sein, die ansonsten wirklich zum Teil in Krankenhausküchen - die sind ja meistens im Keller, man begegnet jetzt als Ärztin oder Arzt den Leuten eher selten - und das ist total spannend und auch extrem beeindruckend, wie viele Herausforderungen in so einer Großgastronomie sozusagen mit den speziellen Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten, auf was da alles geachtet werden muss, um am Ende eben mehrere hundert oder tausend Essen am Tag rauszugeben. Von daher gerne. Also Einladung an jeden, der das hört. (Madeleine lacht) Gute Idee von dir, sich das mal anzuschauen. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Küchenteams überwiegend freuen werden, weil die ja ansonsten leider nicht so sichtbar sind, trotz ihrer extremen Wichtigkeit. Und dann kann man sich das mal anschauen, wie die das hinkriegen mit diesem geringen Budget.

 

Madeleine: Ja, du hast total recht. Das ist sicherlich ein Bereich im Krankenhaus, der viel zu wenig wertgeschätzt wird und wo sehr viel Negativität erstmal dem entgegenschwappt. Ein anderer Punkt, der mir noch so eingefallen war, warum es dieses Thema Ernährung einfach immer wieder so schwierig macht oder was ich mir vorstellen könnte, ist diese wahnsinnig hohe Informationsflut und das sich durchgraben durch diese Informationsflut, was Ernährung angeht.

Also es gibt ja immer wieder Ernährungstrends und damit verbunden auch Mythen und Trends, die von Influencern weitergetragen werden und in Magazinen breitgetreten werden, wo heiß diskutiert wird, jetzt Kohlenhydrate ja oder nein und nach 18 Uhr oder nur vor 18 Uhr,  die Kuhmilch oder die Hafermilch und dann doch wieder das andere. Und dann noch der ganze Markt mit Nahrungsergänzungsmitteln, wo die Wunderheilung versprochen wird. Also ich finde, da gibt es ganz viele Farben, ganz viele Nuancen an Ernährungstrends und Firmen und Influencer, die das Ganze vermarkten wollen.

Und diese Information ist ja Patienten und Patient:innen viel näher als verlässliche Informationen und genauso ist es das für uns als Gesundheitspersonal, weil man hat einfach nicht die Kapazitäten, sich immer durch jede neue Studie und durch jede neue Fachinformation durchzuwühlen. Deshalb meine Frage an dich, wie kommt man denn an gute Informationen[IB4] , egal ob man jetzt Gesundheitspersonal ist oder einfach so Mensch in dieser Bevölkerung, wem kann man glauben und wie manövrieren wir uns durch diese Informationsflut?

 

Influencer:innen und Red Flags: Navigieren durch Ernährungsinformationen

 

Niklas: Super Frage, ja. Und wirklich extrem komplex. Und gerade was du auch benannt hast, die Nahrungsergänzungsmittel und Supplements und so, das ist wirklich unfassbar, wie dieser Markt explodiert. Also ich würde sagen, ganz klassisch sind natürlich die guten verlässlichen Infos bei den entsprechenden Fachgesellschaften. Das sind in Deutschland, das ist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, das ist das Bundeszentrum für Ernährung, das ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das ist, wenn man als Arzt oder Ärztin tiefer reinschauen will, die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin.

Das sind eigentlich, kann ich jetzt nicht zu einzelnen Fachgesellschaften was sagen, aber letztendlich haben die meisten einzelnen Fachgesellschaften Ernährungsempfehlungen sozusagen. Und diese Fachgesellschaften haben natürlich auch Online-Auftritte oder vermehrt auch Social-Media-Auftritte. Das heißt, man kann das schon, das ist natürlich im Gegensatz zu der Flut an Influencer:innen, die sich da breit machen, ist das natürlich noch zu wenig.

 

Aber immerhin gibt es auch mehr dieser Formate, die sozusagen am Ende näher bei den Menschen liegen. Man kann natürlich, also jetzt auf Fachpersonal bezogen, bei diesen Fachgesellschaften auch entsprechende Fortbildungen machen in verschiedenen Formaten. Dann gibt es natürlich auch uns sozusagen, PAN. Wir gucken auch, dass wir, also wir haben das jetzt international gemacht und wir schauen jetzt natürlich, dass wir für DACH auch im nächsten Jahr da deutlich aktiver sind.

Und das ist sozusagen die Basis. Und dann, wie du es gesagt hast, und dann gibt es natürlich ein paar, würde ich sagen, Influencer:innen, die es richtig gut machen, die ich auch als Arzt oder Ärztin primär empfehlen würde.

Ich sage mal zwei.

 

Madeleine: Ja, hau mal paar raus.

 

Niklas: Also, wem ich sehr gerne folge und wer, finde ich, auch sehr gut darin ist, sehr schnell auf Ernährungsmythen zu reagieren und das alles sehr gut einzuordnen, ist der Instagram-Account ernmedblog. Das ist Professor Martin Smollich.

Das ist eine uneingeschränkte Empfehlung, sowohl für Fachpersonal als auch für Menschen, die an gesunder Ernährung interessiert sind oder Patient:innen. Wenn es speziell um Kinder geht, ich habe ja früher in der Kinderheilkunde gearbeitet, deswegen würde ich dazu noch eine Empfehlung da lassen, ist das die Münchner Kinderärztin Carolin Wiedmann. Die ist auf Instagram unter plantpowerpediatrician zu finden.

Das ist auch von meiner Seite aus eine uneingeschränkte Empfehlung. Und wenn man englische Inhalte gern konsumiert, dann finde ich tatsächlich eine der großen Plattformen Zoe, also Z-O-E, die finde ich ganz gut, auch einfach, weil dazu gibt es einen Podcast mit wirklich internationalen Expert:innen immer rund um verschiedene Themen. Und ich mag Simon Hill. Das ist ein australischer Ernährungswissenschaftler, recht gerne. Dabei belasse ich es erstmal.

Sorry, ich darf natürlich uns nicht vergessen. Wir haben auch einen Instagram-Account. (beide lachen) Das ist pan_d.a.ch. Und wenn man den Accounts folgt, dann denke ich, wenn das wirklich der Kanal ist, über den man solche Empfehlungen beziehen kann, dann kriegt man darüber auch mehr und mehr Empfehlungen, mit wem die Menschen zusammenarbeiten usw.

Weil es gibt natürlich noch jede Menge, die es auch richtig gut machen. Gleichzeitig würde ich aber sagen, das ist so ein bisschen Teil des Dilemmas, weil, wie du schon gesagt hast, es gibt ständig irgendeinen Hype, es gibt irgendwelche Supplements usw. Und diese Informationsdichte ist so gigantisch. Dabei braucht ja der Großteil der Bevölkerung, der nicht eine spezifische Krankheit hat, für die man eine ganz spezifische Ernährung braucht, weil auch bei den sogenannten Bevölkerungskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen usw., ist das ja nicht unbedingt eine extrem hochspezifische Ernährung, die dann hilft, diese Erkrankungen zu mildern, sondern es ist eine grundlegend klassisch gesunde Ernährung. Das heißt, der Großteil der Bevölkerung braucht gar nicht diese massive Informationsdichte, sondern dem reichen wahrscheinlich die Accounts, die ich gerade genannt habe. Wenn man das umsetzt, was da mitgeteilt wird.

 

Madeleine: Danke für die Empfehlungen. Ich kannte die auf jeden Fall alle noch nicht. Ich frage jetzt mal ein bisschen was vielleicht Zynisches oder auch Zugespitztes.

 

Wenn wir jetzt mal davon ausgehen, okay, das sind gute Accounts, die gute Informationen bringen oder vielleicht auch die anderen Internetpräsenzen von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung usw., die du so genannt hast. Wie können wir uns überhaupt sicher sein, dass das, was gerade als gesund deklariert wird, gesund ist? Das sind ja Dinge, die sich auch verändert haben. Die Empfehlungen haben sich verändert über die letzten Jahre.

Früher war jegliches Fett das Böse. Dann gab es die Ära, bei der auf Kohlenhydrate geschimpft wurde. Jetzt ist Fleisch – also jetzt mal total überspitzt gesagt, das wäre ganz böse und vegan super gesund.

Wie viel Lobbyismus steckt dahinter? Wie können wir uns als Menschen und als Gesundheitspersonal dafür schützen, dass wir da Informationen gelangen, die eigentlich weiterhin einen Verkaufshintergrund haben, einen Marketinghintergrund haben? Wie können wir uns sicher sein, dass das, was gerade empfohlen wird, tatsächlich auch das Gesunde ist?

 

Niklas: Für diese Accounts, für Accounts, die wissenschaftlich fundiert sind, kann man sich sicher sein, dass man den aktuellen Stand der Wissenschaft zu gesunder Ernährung abgebildet bekommt. Das ist natürlich so wie immer in der Medizin und der Wissenschaft, es gilt es ja immer vorauszuschicken, dass das Wesen von Wissenschaft ist, sich zu ändern und sich weiterzuentwickeln. Deshalb kann es sein, dass man vor 15 Jahren gesagt hat, Kaffee ist ganz furchtbar und ungesund, und man sagt heute, bis zu sechs Tassen kannst du ganz gut trinken, und hast eher gesundheitliche Vorteile davon.

Das gilt es vorauszuschicken. Der zweite Aspekt ist, finde ich, dass sich die grundlegenden Empfehlungen der letzten 20, 30 Jahre gar nicht so drastisch geändert haben. Also es war immer die Basis, dass wir sagen, möglichst vollwertige, überwiegend pflanzliche, eher unverarbeitete Lebensmittel, die die Basis bilden sollen.

Das waren immer die Empfehlungen, die sind in den letzten 40 Jahren, da sind wir auch nur annähernd rangekommen als Bevölkerung, aber auch diese Evidenz hat sich nicht so sehr verändert. Da haben wir ja schon eine sehr solide Basis aus natürlich ganz viel epidemiologischen Daten, aber auch mechanistischen Daten und auch ein paar randomisiert kontrollierten Studien, die gucken, wie Ernährung wirkt. Das ist in der Ernährungswissenschaft nicht so einfach wie in der Medizin.

Mit einem Medikament kann ich natürlich deutlich einfacher, schöne, randomisierte, kontrollierte Studien machen als mit Ernährung, weil Ernährung ja so vielfältig ist,

Ernährung ist mehr als ein Lebensmittel oder ein Nährstoff. Und das kann ich natürlich in Gänze, dann ist das deutlich schwieriger zu gucken, was hat welchen Effekt und verblinden kann ich schon mal gleich gar nicht.

Aber wir haben über die letzten Jahre so viel Evidenz, dass ich schon sagen würde, diese Basis von gesunder Ernährung, was gesunde Ernährung ist, die ist sehr schwer verrückbar. Und dann gibt es einen Anteil von Weiterentwicklung, wie du gerade gesagt hast. Fette, alle Fette schlecht, dann gibt es gute Fette. Dann ist man wieder in der Diskussion, sind die schlechten denn wirklich so schlecht? Und da muss man einfach, denke ich, die Bereitschaft haben zu sagen, ja, das ändert sich, weil wir wissen halt immer mehr. Und auch die Lässigkeit zu sagen, das wird am Ende nicht ausschlaggebend sein. Wenn ich mich zu 80 Prozent nach klassisch gesunden Ernährungsregeln ernähre, dann wird das nicht ausschlaggebend sein, ob ich jetzt so und so viel Gramm Kohlenhydrate oder Protein oder welches Fett ganz genau ich da zu mir nehme.

Und das ist dann was für die, die sich halt rein nerden wollen, sozusagen. Also ich finde, da kann man auf jeden Fall, also das sind einfach die bestverfügbaren Quellen, die wir haben, und denen sollte man vertrauen. Und wenn man Ernährungsnerd ist, dann kann man natürlich gerne in die Fusion da eintauchen.

Bei all den anderen, die da als Influencer:innen um die Ecke kommen, gibt es, denke ich, ein paar eigentlich sehr offensichtliche Red Flags, die aber leider trotzdem häufig nicht gesehen werden. Das eine ist professioneller Hintergrund. Also wenn jemand in seiner Bio oder sonst wo keine Information dazu hat, warum er überhaupt die Kompetenz hat, zu diesem Thema zu sprechen, dann ist das, finde ich, schon eine ganz große rote Flagge.

Die zweite ist der Verkauf von Produkten. Also am Ende wird man dadurch immer beeinflusst, auch wenn man das Beste beabsichtigt. Wenn man selber an irgendwas in diesem Bereich verdient, dann beeinflusst einen das.Punkt.

Also das ist schon mal deutlich kritischer zu sehen. Eine weitere Red Flag sind sicher so entweder Versprechungen, dass eine bestimmte Sache für alles hilft, also für alle Erkrankungen verhindert, die Haut besser macht und den Hormonhaushalt balanciert und was auch immer.

Oder auch grundsätzlich einfach so dieses Betonen von sehr detaillierten Ernährungsvorgaben. Ich glaube, das sind die großen Red Flags. Für Leihenpublikum ist natürlich auch relevant, Aussagen sollten belegt sein.

Wenn man was belegt, heißt das nicht, dass das direkt eine korrekte Aussage ist, weil man kann natürlich vieles belegen. Aber das ist die Mindestvoraussetzung, dass ich irgendwo mitschicke, woher ich diese Information habe. Ja, aber da wird es schon schwierig, finde ich, für die Allgemeinbevölkerung.

Und deswegen finde ich es tatsächlich viel spannender zu schauen, was können wir denn gewinnen, ohne dass wir uns in diese Informationsschlacht, in diese Informationsdichte begeben müssen. Weil was auch ganz klar ist, irgendwelche stumpfen Infos, die ich innerhalb von zehn Sekunden über meinen Insta-Account raushauen kann, weil ich irgendwo eine Schlagzeile gelesen habe, für die brauche ich deutlich länger, um die zu debunken. Also jeder kann jeden Moment irgendeinen Quatsch raushauen.

Wenn ich mir aber die Aufgabe stelle oder wir uns als Gesundheitsfachkräfte die Aufgabe stellen, all diesen Quatsch zu debunken und wir uns entsprechend die Wissenschaft dazu anschauen müssen, dann kostet das deutlich mehr Kapazitäten, als da sind, würde ich auch sagen. Das heißt, ich glaube, es wäre total schön, wenn wir Wege finden, um systemisch Dinge zu ändern, sodass diese ganze Informationsflut weniger relevant ist.

 

Madeleine: Da baust du jetzt eine sehr gute Brücke zum Systemischen. Denn bisher waren wir ja wirklich sehr auf Individuen-Ebene. Wie kann man sich gut informieren? Und ich finde auch, um noch mal kurz auf den Punkt einzugehen, total wichtig, dass du sagst, man muss sich nicht rein nerden in die Ernährungsempfehlungen. Es gibt ein paar Basisempfehlungen, die haben sich nicht geändert in den letzten 40 Jahren. Und das reicht für die Breite der Gesellschaft, die keine spezifischen Erkrankungen haben, aus. Lass uns mal zum Systemischen schauen. Daran arbeitet ihr ja auch sehr viel. Was meins[IB5] t du damit?

 

Warum gesunde Ernährung nicht kompliziert sein muss

 

Niklas: Was meine ich damit? Ich meine, dass es aktuell den Menschen extrem leicht gemacht wird, sich schlecht zu ernähren. Egal, in welcher Ernährungsumgebung wir laufen, ob das Kindergarten, Schule, Uni, Arbeitsstelle, Krankenhaus, Gastronomie, Einzelhandel ist. Es ist extrem einfach, sich schlecht für sich persönlich und schlecht für den Planeten zu ernähren. Und da gibt es ganz verschiedene Varianten, wie man ansetzen kann. Wir können natürlich das Essen in Kindergärten und Schulen entsprechend gestalten und auch entsprechend kostenfrei zur Verfügung stellen, im besten Fall. Das ist eine der Top-Empfehlungen aller Institutionen, die sich mit Public Health Nutrition, die sich mit Primärprävention auf Bevölkerungsebene bezüglich Ernährung auskennen und damit arbeiten. Das wäre eine Sache. Wir machen das zum Beispiel in Krankenhäusern. Das kann man aber natürlich noch viel umfassender machen.

Gleiches gilt für Kantinen an Arbeitsstätten. All das kann man als Gesellschaft oder auch politisch beeinflussen oder auch als Institution, die sowas anbietet. Dann geht es weiter.

Ich hatte vorhin das Beispiel von Supermärkten. Aktuell arbeiten wir mit denen daran. Das beinhaltet eine gewisse Freiwilligkeit oder einen Druck, der letztlich erst mal nur aus der Zivilgesellschaft kommt. Aber auch hier kann man gesellschaftlich und auch politisch bestimmte Rahmenbedingungen schaffen, die am Ende dafür sorgen, dass das, was wir automatisch einkaufen oder was uns besonders leicht fällt, einzukaufen, gesund und nachhaltig ist.

Dann können wir zu den ganz großen Stellschrauben kommen, auf politischer Ebene. Wie zum Beispiel, das hatten wir im letzten Jahr diskutiert, ist leider nicht gekommen, eine Werberegulierung für ungesunde Lebensmittel - also für Werbung, die an Kinder gerichtet ist. Oder eine Zuckersteuer oder eine reduzierte Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel. All das ist theoretisch möglich. All das gibt es in Modellberechnungen. All das gibt es teilweise auch in anderen Ländern. Wir sehen, dass das in Gänze, also es gibt keine Silver Bullet, ich habe nicht ein oder zwei Entscheidungen, die plötzlich unser Ernährungssystem gut machen und dafür sorgen, dass sich Menschen gesünder ernähren. Aber ich habe ein paar Puzzleteile, von denen wir sehr klar wissen, dass wenn wir die zusammensetzen, dass wir dann eine deutlich gesündere Ernährung hätten.

Und zwar ohne, auch das noch mal, ohne dass irgendjemand auf Genuss verzichten muss. Wir kaufen ja häufig Dinge nicht, weil das tatsächlich die genussvollsten Lebensmittel sind. Das ist erstens sowieso Gewöhnung. Und da kann man sich auch recht schnell umgewöhnen und was Neues finden. Und zweitens sind das einfach auch die Lebensmittel, die im Supermarkt vor unsere Nasen platziert werden, die beworben werden und so weiter. Und die so natürlich auch zum Teil konstruiert sind, dass wir die sehr, sehr gerne essen wollen.

Und ja, das kann man ändern.

 

Madeleine: Das würde mich eigentlich noch mal ein bisschen genauer interessieren, was du da genau für Rahmenbedingungen meinst. Denn wenn ich mal so ganz praktisch überlege, ich berate in meiner Selbstständigkeit gerade große Firmen zu, Gesundheitsthemen und auch ihre Angestellten. Und das mache ich meistens im Einzelsetting. Und dann fragen mich aber die Beauftragten für Gesundheit im Unternehmen manchmal, ja, was würde ich Ihnen noch raten? Was könnten Sie denn noch verbessern? Und ich esse ja dann auch immer in dem Unternehmen. Und das ist sehr spannend, wie sich das unterscheidet.

Aber so ein ganz praktisches Problem, auf das ich immer wieder stoße, was mir auch die Beauftragten dann in den Firmen sagen, ist, ja, okay, sie haben da jetzt ein Catering-Unternehmen und die bieten zwei Fleischgerichte an und ein Veggie-Gericht. Das ist dann in drei von fünf Fällen in der Woche süß. Und die Leute bestellen halt jeden Tag Schnitzel und Bockwurst, weil sie es mögen. Und das Catering-Unternehmen wird einen Teufel tun, das nicht mehr anzubieten, weil sie wollen ja was verdienen. Was sind das für Rahmenbedingungen oder auch für Einflussmöglichkeiten, die du da siehst, auch im Supermarkt? Du hast Genuss angesprochen. Und es hat ja sehr viel mit Gewöhnung zu tun.

Und ich frage mich dann auf der anderen Seite, braucht es einen Zwang oder sind, also man könnte auch einfach sagen, es gibt gar kein Fleisch mehr in der Cafeteria Punkt - also im wahrsten Sinne des Wortes frisst oder stirb- Geht es auch in Richtung Zwang oder geht es eher, also was sind genau diese Möglichkeiten, wo du denkst, da kann man vielleicht ohne Zwang Einfluss nehmen auf Menschen?

 

Niklas: Ja, also genau, das sind ja auch wirklich die Diskussionen, die wir auch in den Krankenhäusern zum Beispiel sehen. Und mit Zwang funktioniert es nicht.

Also man kann das natürlich probieren. Und vielleicht ist das für den einen oder anderen eine hilfreiche Strategie, aber das ist natürlich die Strategie der größtmöglichen Auseinandersetzung. Und der Gefahr des größtmöglichen Backlash-.

 

Madeleine: Des Widerstands, ja genau.

 

Niklas: Genau, des größtmöglichen Widerstands, danke. Und es gibt einen Haufen Beispiele, wie man das deutlich entspannter angehen kann.

Zum einen ist es so, dass man, wenn jetzt tatsächlich so ein ultimativer Klassiker da ist, die Currywurst oder sowas, dann streicht man natürlich nicht als erstes die Currywurst. Das heißt, man lässt da ja eine Wahlfreiheit in einem ersten Schritt sowieso. Und unabhängig davon, dass diese Wahlfreiheit ja immer besteht. Also ich kann ja als Mensch, als Mitarbeiter auch in einem Supermarkt, der so gestaltet ist, dass ich eigentlich, wenn ich da so durchgehe und wenn ich die Werbung sehe, dass ich gesund und nachhaltig einkaufen würde, kann ich mich natürlich trotzdem, wenn ich das möchte, ganz bewusst entscheiden, ganz ungesund und ganz umweltschädlich einzukaufen. Aber sorum sollte es halt sein. Klar muss diese Möglichkeit bestehen, aber das sollte nicht die Möglichkeit sein, in die alle geschoben werden.

So, jetzt bin ich bei dem Arbeitgeber und bei dem Catering. Und dann gibt es auch wieder verschiedene Strategien. Eine Strategie, die zum Beispiel die ‚Kantine Zukunft‘ in Berlin und Brandenburg par excellence ausgeführt in den letzten Jahren, ist einfach überhaupt nicht über diese Veränderung zu reden in einer Kantine oder mit den Mitarbeitenden, sondern einfach sehr gutes, gesundes und überwiegend pflanzliches Essen anzubieten.

Und die haben das in Berlin mit Müllbetrieben gemacht, mit Wasser- und Abwasserbetrieben, also wirklich Betrieben mit vielen Menschen, die da versorgt werden und auch, denke ich, mit den gesellschaftlichen Schichten, wo man jetzt nicht denkt, oh ja, klar, die sind ja die Ersten, wenn es darum geht, dass es mehr vegane Lebensgerichte gibt in der Kantine. Und am Ende, die größte Motivation, ein neues Lebensmittel oder ein neues Gericht auszuprobieren, ist tatsächlich nicht irgendeine gesundheitliche oder moralische oder irgendwas, sondern es ist Neugier. Und wenn ich Neugier schaffen kann darüber, dass dieses Gericht lecker aussieht, lecker benannt ist, natürlich auch lecker schmeckt, das ist das Zentrale, dann ist es am Ende, sieht man nahezu alle, vollkommen zweitrangig, was da jetzt tatsächlich genau drin ist und ob das mit Fleisch ist oder nicht.

Und das erleben wir auch in den Krankenhäusern, die wir begleiten, aber auch von anderen Krankenhäusern, von denen wir hören. Da gibt es sogar Krankenhäuser, die haben einen Veggie Day eingeführt. Also das, was vor ein paar Jahren von den Grünen vorgeschlagen wurde. Riesenaufschrei, komplett politisch verbrannt, das Thema. Und es gibt Krankenhäuser, die haben das gemacht. Und als sie davon erzählt haben, war ich so ganz angespannt und dachte, wow, das habt ihr euch getraut. Da seid ihr 100 Pro auf die Nase geflogen. Und das hat aber funktioniert. Also das ist die Variante, nicht darüber zu sprechen und aber eben gewisse Techniken zu verwenden, um das ansprechender zu machen.

Und das ist ganz banal die Reihenfolge auf meinem Menü. Wenn ich drei Menülinien habe, was steht als erstes da? Veggie kommt immer als letztes.

 

Niklas: Genau, zum Beispiel. Das ist sozusagen eher hinderlich. Dann, ganz banal, die Benennung des Gerichts. Also wenn wir jetzt Richtung Nachhaltigkeit gehen, dann wollen wir eher pflanzliche Gerichte. Und dann darf dieses Gericht natürlich nicht ‚veganer Nudelauflauf‘ heißen, sondern dann muss das heißen ‚mediterrane überbackene Pasta mit‘- knusprig überbacken oder so irgendwas. Ich muss dieses Gericht ansprechend benennen. Das geht zum Beispiel über Herkunft, das geht über die Lebensmittel, die da drin sind.

Das geht über eine Haptik, die das verspricht oder eine Küchentechnik, in was das gebraten ist oder mit was das angemacht ist oder sowas. Also ich habe ganz viele Möglichkeiten, ein Gericht so zu benennen, dass ich mir denke, „wow, oh, das hört sich lecker an“. Und das kann ich zum Beispiel machen.

Dann ist natürlich ein wichtiger Grund, ein wichtiger Faktor, Preisparität, also dass das möglichst, das Gesunde und Nachhaltige nicht mehr kostet, sondern im besten Fall sogar weniger. Und dann kann ich natürlich gucken, mache ich das einfach und gucke, wie das funktioniert. Das mache ich dann natürlich auch schrittweise.

Das heißt, ich führe neue Gerichte ein, ich probiere die aus und dann steigere ich den Prozentsatz von gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln. Also um das sozusagen abzukürzen, dass ich das jetzt nicht alles einzeln benenne, da gibt es fantastische Dienstleister oder auch NGOs, die sich damit beschäftigen, die Caterer beraten, die Unternehmen beraten, wie das umsetzbar ist. Und jeder, den das interessiert, kann uns gerne anschreiben zum Beispiel, oder mich gerne anschreiben.

Wir geben sehr gerne Empfehlungen zu, wie gesagt, Organisationen oder auch Unternehmen, die einem dabei helfen. Weil da haben sich wirklich in den letzten Jahren schon viele, viele auf den Weg gemacht. Und das ist keine Nische mehr.

Das kriegt man auch bei sehr großen Caterern, bei sehr großen Großhändlern, kriegt man das alles hin.

 

Madeleine: Cool, ich kann mir auf jeden Fall ein bisschen spezifischer Dinge vorstellen. Das sind manchmal so kleine Stellschrauben. Und ich finde es total wichtig zu sagen, viele dieser kleinen Räder führen dann mal zu einem Gesamtbild. Ich kann es mir auf jeden Fall jetzt viel, viel greifbarer vorstellen.

 

Niklas: Ja, also der Begriff, der da ja häufig fällt, ist Nudging. Also dass man Leute durch kleine - also das wird auch zum Teil kritisch gesehen, wobei ich das überhaupt nicht verstehe - ich finde, diese vermeintliche Freiheitsdiskussion, wer an da irgendwas reinreden will, ist vollkommen fehlgeleitet, weil wir nie in einer komplett einflusslosen Umgebung essen. Und das können wir ja nachweisen. Es hat Einfluss auf uns, welches Gericht oben steht, welches Gericht als erstes in der Buffetschlange ist, wie das benannt ist und so weiter. Hatten wir gerade alles. Das heißt, ich bin nie frei von irgendwelchen Nudges. Werbung ist letztendlich gigantisches Nudging, so zu sagen. Und all das ist halt aktuell so aufgebaut, dass es eher negative Auswirkungen hat.

Und der einzige Anspruch ist jetzt, das umzubauen. Und wahrscheinlich kennen viele, die zuhören, eine der einfachsten Nudges zum Beispiel in Kantinen, kostenlos Wasser zur Verfügung zu stellen oder das sogar kostenlos auf den Tisch zu stellen. Und dann sinkt der Konsum von Softdrinks. Das muss ich dann natürlich mit - das ist dann wieder eine wirtschaftliche Frage, will das der Betreiber der Kantine, dass weniger Cola gekauft wird? Aber gut, in solche Diskussionen muss ich mich dann begeben. Und das zeigen auch viele Einrichtungen, dass das am Ende umsetzbar ist.

 

Madeleine: Jetzt fallen mir im Nachhinein so ein paar Dinge auf, in ganz unterschiedlichen Betrieben, die Wasser auf dem Tisch stehen hatten, dass das wahrscheinlich genau ein geleiteter Faktor war. Das ist mir vorher noch gar nicht so bewusst gewesen. Jetzt hast du in deinen vielen Beispielen das Wort Motivation genannt. Und da würde ich dann doch gerne noch mal kurz aus ärztlicher Sicht auch darauf eingehen.

Jetzt haben wir diese Ernährungsumgebung gut besprochen. Jetzt habe ich aber manchmal trotzdem - also nicht nur manchmal, ich habe ganz häufig Individuen vor mir sitzen, die beraten werden wollen zum Thema Ernährung. Und ich habe als Ärztin eine Informationsflut, durch die ich mich durchbewegen muss.

Die große Frage ist ja, wie kann ich auch im ärztlichen Alltag, in der Praxis, Menschen dazu motivieren, sich gesund und vielleicht auch nachhaltig zu ernähren? Was sind meine Einflussmöglichkeiten als Ärzt:[IB6] in?

 

Gesundheitsfachkräfte als Treiber:innen

 

Niklas: Sehr gerne. Ich finde, als Grundvoraussetzung ist erstmal wichtig, dass wir uns als Ärztinnen und Ärzte bewusst werden, wie relevant unsere Haltung und unsere Perspektive und unsere Kommunikation dazu ist. Es gibt mehrere Studien, die zeigen, dass die ärztliche Empfehlung zur Ernährung von Patientinnen und Patienten als bedeutender eingeschätzt und wahrgenommen wird, als die Empfehlung von Ernährungsfachkräften, also von Diätassistent:innen oder Ökotropholog:innen.

Wir mögen das wahrscheinlich bedauern, weil am Ende ist das ja so, dass wir zum Glück diese tollen Fachkräfte genau für dieses Thema haben. Aber das muss man als Realität auch anerkennen. Unser Einfluss ist da sehr groß.

Und das heißt, dass es trotzdem auch, wenn das natürlich viele ermüdet, weil man denkt, dass das nichts bringt und weil man sicher viele Patientinnen und Patienten erlebt, wo man denkt man redet sich den Mund fusselig und so weiter und es passiert nichts, dass das aber in der Menge am Ende trotzdem Sinn macht. Das heißt, wenn es eine Person gibt, außer dem direkten privaten Umfeld, die auf persönliche Ernährungsänderungen Einfluss hat, dann ist es die Ärztin oder der Arzt tatsächlich. Das heißt, es lohnt sich auf jeden Fall, das anzusprechen oder sichtbar zu machen.

Das heißt, ich kann das erstmal grundsätzlich sichtbar machen, zum Beispiel in meiner Praxis, indem ich entsprechendes Infomaterial da habe, indem ich entsprechende Bilder oder Poster vielleicht auch da habe. Wir arbeiten da auch gerade an einem Praxiskit sozusagen. Das ist sozusagen das Mindeste. Die nächste Stufe ist die, dass ich mir natürlich Patientinnen und Patienten, und das kann ich ja ein bisschen filtern, wenn ich sage, ich habe nicht Zeit, um das mit allen zu machen, denen das guttun würde, sondern man hat eine ganz gute Einschätzung dafür, wer da vielleicht eher ansprechbar ist oder wo da vielleicht auch ein Hebel sein kann. Das klingt jetzt ein bisschen brutal, aber wenn zum Beispiel ein Angehöriger an einer - auch ernährungsbedingten - Erkrankung schwer erkrankt ist oder verstorben ist oder sowas, dann kann ich das natürlich als Hinweis sozusagen nutzen. Und ich kann mich natürlich, wenn ich da motiviert bin, auch bezüglich entsprechender Gesprächsführung schlau machen.

Ich habe ja nicht viel Zeit, und ich denke, im ärztlichen Setting ist es nicht wichtig, ich muss keine Ernährungs-Beak-Fragen beantworten. Ich muss nicht beantworten, ob das jetzt mit den Haferflocken und dem Glucosespiegel bei einem so nicht-diabeteserkrankten Patienten, ob das irgendwie eine Relevanz hat, sondern ich muss, finde ich, als Arzt oder Ärztin klar machen, dass dieses Thema extrem wichtig ist - dass das nicht irgendwie nice to have ist, sondern dass das wirklich das ist, was die Gesundheit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten für diesen Menschen hoffentlich drastisch beeinflusst. Und je nach Sphäre der Erkrankung natürlich, dass man sagt, und das stellen wir jetzt auch mal voran.

Vielleicht brauchen wir im ersten Schritt noch gar keine Medikation, sondern wir machen jetzt das, und wir machen das drei bis sechs Monate, und dann gucken wir weiter. Also diese Bedeutung zu betonen, ist, finde ich, das Wichtigste. Und wie gesagt, wer da Interesse hat, kann sich natürlich bezüglich der Kommunikation auch weiterbilden.

Auch dazu wollen wir im nächsten Jahr noch was machen. Dann ist der Nächste, das, was ich tatsächlich in der ärztlichen Praxis in meinem Werkzeugkoffer habe, ist die „Verschreibung“, unter Anführungszeichen, sage ich mal, von Ernährungstherapie. Ich kann einem Patienten, einer Patientin, bei bestimmten Erkrankungen, und das sind eine ganze Menge, also alles, was einem da so in den Kopf kommt - es reicht Übergewicht, es reicht eine kardiovaskuläre Erkrankung, Demenz - also es gibt wirklich alle Erkrankungen, bei denen wir daran denken, ah, da spielt Ernährung ja eine Rolle, die wird auch anerkannt sozusagen. Und dann gibt es eine sogenannte Notwendigkeitsbescheinigung. Ich weiß nicht, wie viele Ärztinnen und Ärzte die kennen, ich glaube nicht ganz so viele, oder nutzen die.

Diese Notwendigkeitsbescheinigung, die kann ich als Papier oder auch als PDF haben, die kann ich zum Beispiel, also wenn ich das einfach google, dann finde ich die entsprechenden Vordrucke. Und die kann ich ausfüllen, da sind die Daten vom Patient oder Patientin drin, da ist die Diagnose drin, und da ist die Empfehlung drin. Und dann kann dieser Patient eine fachgerechte Ernährungstherapie oder Ernährungsberatung von entsprechendem Fachpersonal bekommen.

Da sind so ein, zwei Hürden drin, gleichzeitig zeigt sich dadurch natürlich auch ein bisschen die Motivation der PatientInnen. Mit dieser Notwendigkeitsbescheinigung geht dann der Patient oder die Patientin zur Krankenkasse, und die Krankenkasse sagt dann, wie viel Geld sie zuschießt. Meistens sind das so zwischen 50 und 80 Prozent, das heißt es wird nie ganz übernommen, aber schon ein ganz ordentlicher Anteil.

Und mit dieser Notwendigkeitsbescheinigung sucht man sich dann auch eine entsprechende Fachkraft. Und da kann man natürlich als Arzt oder Ärztin zumindest hinweisen auf die Websites der Fachgesellschaften, das ist zum Beispiel VDD, also der Verband der Diätassistent:innen in Deutschland, der VDOE, das sind die Ökotropholog:innen, oder auch die DGE, überall da auf diesen Seiten kann ich meine Postleitzahl eingeben oder meine Erkrankung oder meine Diagnose, und dann kann ich gucken, wer könnte mich denn dazu beraten. Das ist, würde ich sagen, das kräftigste Werkzeug in dem Fall.

Eine weitere Variante sind verschiedenste Präventionsprogramme der Krankenkassen. Also da würde ich auch den Patienten oder PatientInnen natürlich hinweisen mit dem entsprechenden Nachdruck oder der Motivation, wie viel Gutes man sich damit tun kann.

Es gibt für spezifische Erkrankungen, gibt es natürlich mittlerweile verschiedene DIGAs, also digitale Anwendungen auf Rezept, die ich nutzen kann, die Ernährung mit beinhalten.

Und dann gibt es natürlich einen riesigen Wust, und da kann ich auch keine Empfehlung aussprechen, theoretisch an freien Apps, also tausende Sport- und Fitness- und Ernährungsprogramme, und da sind sicher auch gute dabei, aber da habe ich zum Beispiel keine Empfehlung.

Von daher bewusst werden, wie wichtig diese Meinung ist, sichtbar machen in der Praxis, benennen, auch wenn man denkt, es führt vielleicht zu nichts. Und drittens eben Ernährungstherapie über die Notwendigkeitsbescheinigung oder die Präventionsprogramme.

 

Madeleine: Super zusammengefasst, vielen lieben Dank. Das sind wirklich Dinge, die man sich genauso aufschreiben kann und abklappern kann. Und ich finde es ganz spannend, dass die gefühlte Wahrheit, man redet sich den Mund fusslig, und die belegte Wahrheit, die Studienwahrheit, sage ich mal, so unterschiedlich ist, dass das tatsächlich einen hilfreichen Einfluss nimmt. Und ich glaube, das muss man sich vor Augen halten und immer wieder dran denken und das weitermachen, auch wenn man das Gefühl hat, es führt zu nichts.

 

Niklas: Ja, ich glaube, man braucht diese positive Grundeinstellung, weil, also natürlich fühlt sich das schlecht an, wenn ich sage, „das hilft bei jedem Zehnten“.

Dann habe ich natürlich trotzdem das Gefühl, dass ich mit dem Mund fusslig rede, weil die neun, nehme ich natürlich deutlich stärker war. Aber wenn ich es überschlage, dann war das trotzdem eine sinnvolle Intervention, wenn diese eine Person davon profitiert hat. Wir kommen zum Ende langsam, glaube ich.

Vielleicht, wenn es mir erlaubt ist - ich würde das nämlich noch einmal gerne weiterführen und auf unsere sozusagen Punkt zur systemischen Änderung bringen. Wenn ich in der Praxis verrückt werde, sozusagen, und mir denke, ich kann das nicht machen, also im besten Fall machen das natürlich alle, dann gibt es aber trotzdem noch einen gigantischen Hebel, weil wir alle, das ist mein großer, großer Wunsch, viel mehr Public Health Awareness sozusagen brauchen und eine Vorstellung davon, wie privilegiert wir sind, was wir für eine geniale Position in dieser Gesellschaft haben. Und ich erlebe das immer im Rahmen der Arbeiterorganisation mit ganz vielen gesellschaftlichen und politischen Entscheider:innen, wie offen die Türen für uns sind, wie stark uns Menschen vertrauen. Das sehen wir auch in ganz vielen Umfragen. Gesundheitsfachkräfte sind, wenn man fragt, welchen Berufsgruppen vertrauen die Leuten am meisten, sind die immer ganz oben.

Also das ist ein wahnsinniges Privileg und wir nutzen das überhaupt nicht oder fast gar nicht, um wirklich gesellschaftliche Veränderungen Richtung Gesundheit zu erwirken. Und wir haben einen riesigen Reparaturapparat, das klingt jetzt ein bisschen despektierlich, meine ich nicht so, ich habe auch lange als Arzt gearbeitet und finde das extrem wichtig und gut und schön, aber im Vergleich zu dem Präventionsapparat, sage ich da mal, ist das gigantisch. Wir geben jeden Tag mehr als eine Milliarde Euro für direkte Gesundheitskosten aus und wir müssen diese Verhältnisse ändern. Wir sehen aus der Evidenz der letzten Jahrzehnte, dass diese Arbeit am Individuum, die muss natürlich stattfinden, die hat ihren Stellenwert, aber wichtiger ist die Änderung von Verhältnissen. Und da kann ich als Ärztin oder Arzt oder auch als andere Gesundheitsfachkraft auch tätig werden, und zwar um meine Stimme hörbar machen. Und zwar kann ich das relativ - ich sage mal, eine passive Variante wäre einfach Mitglied zu werden. Das sage ich natürlich für uns, man kann beim PAN Mitglied werden, man kann aber auch bei anderen ärztlichen oder Gesundheitsorganisationen Mitglied werden, die sich für zum Beispiel gesunde Ernährungsumgebungen einsetzen. Das ist ein bestimmter Geldbetrag im Jahr, überschaubar, und dann mache ich meine Stimme als Ärztin oder Arzt im Rahmen dieser Organisation sichtbar und hörbar. Zweite Variante, so mittlere Ebene ist, eigene Fachgesellschaften zu mobilisieren.

Fast jeder oder jede Ärztin, jeder Arzt ist in einer Fachgesellschaft seiner Fachrichtung und die bringen sich leider, würde ich sagen, aus der Historie heraus, relativ wenig politisch ein, wenn dann sehr fachbezogen, aber nicht im größeren Rahmen Präventionspolitik. Und wenn man da mit seiner Fachgesellschaft spricht und die mobilisiert, dass man sich in entsprechenden Ernährungsnetzwerken oder auch einzeln da engagiert, dann hat das auch einen sehr großen Effekt. Und die ganz aktive Variante wäre natürlich sozusagen diese Stellung vor Ort zu nutzen. Man hat vor Ort als Ärztin, als Arzt, als Gesundheitsfachkraft großes Vertrauen. Es werden einem schnell die Türen geöffnet bei relevanten Institutionen und Entscheider:innen vor Ort. Das kann Lokalpolitik sein, das können aber auch andere relevante Institutionen in der Gesellschaft sein.

Das ist, ich weiß nicht - ich wohne relativ ländlich, bei uns wäre das die Freiwillige Feuerwehr oder der Sportverein oder der Musikverein oder die Kirche. Und mit denen, wenn ich da anklopfe und sage, hey, wie sieht's denn aus, ich sorge mich um die Gesundheit der Menschen, die hier in meiner Umgebung leben und ich möchte, dass wir es irgendwie schaffen, dass man sich gesünder ernährt - dann werden die ihre Türen höchstwahrscheinlich aufmachen und dann kann man da mal andocken. Dann werden vielleicht Kindergärten lokal oder Arbeitgeber lokal angestoßen, da sich zu verbessern.

Wie gesagt, das ist sozusagen die aktivste Variante und da muss man sich, je nachdem, was man vorhat, natürlich schlau machen, auch da herzliche Einladung an alle, sich bei uns zu melden. Wir haben einen aktiven Pool von Freiwilligen, von aktiven Gesundheitsfachkräften, die sich da gegenseitig und auch von uns sozusagen, wo wir uns alle gegenseitig so empowern, um zu gucken, wie können wir mit dieser Positionierung vor Ort arbeiten, um Ernährungsumgebungen vor Ort zu verbessern.

 

Madeleine: Du hattest mir auch im Vorgespräch erzählt, dass du eigentlich auch ganz überrascht warst, wie schnell sich die Türen öffnen für PA und wie gut das eigentlich funktioniert und manchmal hat man ja auch - also gerade im ländlichen Raum, empfindet man Politik oder sowas auch als was Lähmendes und was Langsames und ich fand das im Vorgespräch auch total inspirierend, wie du so erzählt hast, wie leicht es dann doch auch geht.

 

Niklas: Also erstmal natürlich, dass die Türen auf sind, das ist relevant und man darf sich gerade auf politischer Ebene sind die Gewinne natürlich andere erstmal als bei so einem ganz konkreten Projekt – handson Krankenhausumstellung – genial, ich sehe ich hab die Ernährung in diesem Krankenhaus verbessert nach ein bis zwei Jahren oder sowas. Auf politischer Ebene ist das natürlich häufig zäh und nicht so ganz klar, aber es wirkt, also man merkt, in dem Moment in dem ich dieses Thema irgendwo reintrage, und das kann Lokalpolitik oder auch Bundespolitik sein, allein indem ich das zu einem Thema mache, passiert schon mal was. Und die Rückmeldung aus der Politik ist auch immer, dass Politik ganz, ganz viel auf gesellschaftliche Aktivität reagiert. Also eine Bundesregierung kann natürlich deutlich einfacher eine progressive, wissenschaftlich fundierte Ernährungspolitik machen, wenn aus der Zivilgesellschaft Signale kommen, die das fordern.

Weil darauf kann die Politik dann verweisen zum Beispiel. Also man trägt es direkt hin und man gibt denen aber auch eine Legitimation. Auf lokalpolitischer Ebene ist das zum Teil noch krasser. Also da kann ich ja, wenn ich möchte, mit ein, zwei Vorträgen, einem kleinen, konkreten Projekt und vielleicht mal einem Artikel in der Lokalpresse kann ich richtig Welle machen. Und dann ist da plötzlich die Aufmerksamkeit drauf. Also ja, da bin ich, wie du sagst, positiv überrascht, wie viel da geht.

 

Madeleine: Cool, ich finde das auf jeden Fall super inspirierend und auch motivierend, dass von dir als Person, die sich da hauptamtlich drum kümmert, dass du da so ein positives Bild zeichnest. Wenn du jetzt noch mal eine Utopie, einen Wunsch an die Zukunft formulieren müsstest, wie sieht deine Utopie, was Ernährung angeht oder vielleicht auch insgesamt für das Gesundheitswesen aus?[IB7] 

 

Die Utopie von PAN

 

Niklas: Meine Utopie, also unser Ziel ist, dass wir uns, so wie das eigentlich bei jeder NGO wahrscheinlich ist, unser Ziel ist, dass wir uns selbst abschaffen. Und auch da, genau, ist es wie bei vielen politischen Themen, finde ich, dass sehr, sehr viele Lösungen schon auf dem Tisch liegen und auch wissenschaftlich fundierte Lösungen auf dem Tisch liegen.

Die Vision, kurz gefasst, ist die, dass es für alle Menschen total einfach ist, sich gesund und nachhaltig zu ernähren. So, das ist es kurz gefasst.

Und in der längeren Version wäre das eben die Umsetzung der Empfehlungen. Die sind ja da. Es gibt aus den letzten Jahren von verschiedenen wirklich tollen wissenschaftlichen Zusammenschlüssen viel, viel Empfehlungen dafür, wie wir da hinkommen. Und wenn man da die Top 10 umsetzt, dann sind wir da. Klar, dass sich so ein Ernährungssystem wirklich bis ins letzte Glied der Kette sozusagen ändert, dauert es natürlich Jahre und auch Jahrzehnte. Aber wir könnten mit den Empfehlungen, die jetzt da sind, meiner Meinung nach extrem schnell, extrem große Schritte machen. Und ich glaube auch, dass das im Endeffekt kein Kulturkampf ist, sozusagen, zu dem er gerade gemacht wird, sondern dass ganz vielen Dingen bei nüchterner Betrachtung ganz viele Menschen zustimmen können.

Also ein gesundes, und nochmal, um auf dieses Beispiel zu kommen, ein gesundes, im besten Fall kostenloses Essen in Kindergärten und Schulen ist ja eigentlich ein No-Brainer. Gesundes Essen in Krankenhäusern eigentlich ein No-Brainer. Also bei anderen Ernährungsumgebungen, klar, wird man diesen Kampf kämpfen müssen, weil es da Leute gibt, die sagen, ja, das ist aber Bevormundung. Aber da muss ich am Ende auch das Rückgrat haben und sagen, ja, ihr werdet jetzt aber, wenn ihr das als Bevormundung empfindet, dann werdet ihr jetzt auch gerade bevormundet, nur eben in die Richtung, die es allen anderen auch leider dort es leichter macht, krank zu werden. Jetzt habe ich nicht so richtig gut auf die Frage der Vision geantwortet. Das ist schon wieder zu kleinteilig geworden.

 

Madeleine: (lacht) Du hast in einem kurzen Statement richtig gut darauf geantwortet. Und natürlich kann man sich in der langen Vision da auch gut verlieren, weil das ist es ja auch so ein bisschen, was es ausmacht, über diese kleinen Dinge auch mal zu träumen. Aber ich denke, es ist gut angekommen.

Ich danke dir für deine-  für dein Träumen, für deine vielen Ausführungen, für deine Hintergrundinfos. Vielen, vielen lieben Dank für das Gespräch, dass du heute da warst.

 

Niklas: Vielen Dank dir und vielen Dank euch für euren tollen Podcast.

Und ich will einmal noch so zum Thema Vernetzung am Ende des Podcasts ansprechen. Das war nämlich auch ein ganz interessanter Punkt in unserem Vorgespräch. Niklas wohnt zumindest in Aschaffenburg.

Du hast da lange im Klinikum gearbeitet. Aber in unserem Vorgespräch war ich diejenige, die dir von dem Projekt ‚Meine Station‘ im Klinikum Aschaffenburg erzählt hat. Das ist diese chirurgische Station, die selbstbestimmt organisiert hat, wie sie arbeiten wollen, die nicht mehr diese steilen Hierarchien, die gerade in der Chirurgie bekannt sind, haben, die auch nach New Work-Prinzipien arbeiten wie in jedem anderen großen Unternehmen.

Und du meintest, Niklas, noch „Mensch, so was Fortschrittliches gibt es bei uns“. Und ja, genau um diese Vernetzung geht es ja. Und das wollen wir auch bewirken mit diesem Podcast. Aber die soll natürlich nicht nur von unserer Seite stattfinden. Wir brauchen euch dazu. Und das ist mein Aufruf nochmal an alle Leute, die uns hier heute zuhören.

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(Intromusik läuft ein und wird langsam lauter)

 

Das war Heilewelt, der Podcast über positive Zukunftsvisionen in der Medizin. Lieben Dank an euch fürs Zuhören. Wenn wir euch heute ein bisschen inspirieren konnten, freuen wir uns über eure finanzielle Unterstützung auf unserer Website oder über eine Bewertung auf eurer Lieblingspodcastplattform.

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